Mittwoch, 29. Februar 2012

Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden ...

... dass die Bundesrepublik Deutschland - anders als bislang angenommen - gar kein Teil der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Somit sollte es eigentlich auch keinen Grund für die ausführliche, detail- und kenntnisreiche Berichterstattung über jede einzelne der 50 Vorwahlen für die endgültige Wahl des Kandidaten einer Partei zur Wahl des Präsidenten der USA geben, der in dieser Wahl ohnehin sehr wahrscheinlich dem Amtsinhaber unterliegen wird.

Warum wird dann trotzdem darüber berichtet? Weil jeden Tag genau so viel passiert, dass es genau in eine Zeitung passt. Und weil das wichtigste Kriterium dafür, über was in einer Tageszeitung berichtet wird, lautet: Was bringen die anderen? Und die anderen Zeitungen, die man so im Internet liest, sind auch solche, die aus den USA kommen, und die bringen das halt. Weil es die ja auch interessiert.

Im Gegensatz z uns.

Freitag, 17. Februar 2012

Musik am Freitag

Ein schönes Spiel war einmal, sich gegenseitig die peinlichsten Sachen aus der Jugend zu erzählen. Eine peinliche Sache war für mich damals, dass mein erstes Musikalbum "Whitney" von Whitney Houston war. Das war nämlich, auch damals schon, voll uncool. Es war schlicht zu erfolgreich, um angesagt zu sein. (Eigentlich hatte ich ja was von den Beach Boys kaufen wollen, die hatten sie in dem Laden aber nicht, und die fand der Verkäufer auch uncool.) Whitnes Houston hatten sie auch nur auf Kassette, das gibts ja heute auch nicht mehr.


Nachträglich war es aber ein großer Griff: schwarze Musik - voll gut (damals war mir gar nicht klar, dass es so war wie schwarze Musik überhaupt gibt)(und blöde find ich die Unterscheidung immer noch). Und die Frau ist an Drogen gestorben! was ja immer noch das aussagekräftigste Qualitätskriterium über Musik überhaupt ist. Darum nun:





Ich kann zwar immer noch "Where do broken hearts go" oder "I know him so well" singen, obwohl ich die Kassette seit über 20 Jahren nicht mehr angerührt habe. Aber man muss mal das Original gehört haben, um zu verstehen, wie gut Whitney Houston singen konnte.


Ach, und "One moment in time" heißt "einen Augenblick zur rechten Zeit" (und nicht "in der Zeit"). Nur, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, was dass denn heißen soll. Das heißt es jedenfalls.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Das hier wird gerne genommen (4)

Wir erinnern uns immer noch: Kai ist immer noch doof, aber er hat einen guten Tipp für die Arbeit: SMS-Verwalter. Der nun nicht mehr namenlose Erzähler Andy wittert seine Chance, lässt sich von einem alten Studienkollegen einführen und rennt gleich am nächsten Montag zum Amt, wo er erst mal warten muss. Da trifft er eine junge Frau mit Haaren, die unten einfach so abgeschnitten sind. Der setzt er auseinander, was für ein toller Macker er ist. Dann geht die Tür zur Anmeldung auf und er erfährt, dass er eine Geburtsurkunde braucht.

Das war natürlich zunächst ein herber Schlag ins Kontor. In der Straßenbahn smste ich Svenja mein Leid. Direkt kam die Antwort, mit der Frage, ob man sich denn mal sehe. Das ging noch ein paar mal unnötig hin und her, und wir verabredeten uns für das Abendessen bei ihr.
Sie wohnte im angesagtesten Stadtteil, teilsaniert. Mit extra viel Axe auf der Brust und einer Flasche Wein in der Hand stand ich pünktlich vor der Wohnungstür. Um ein Zeugnis meiner Kultiviertheit abzuliefern und gleichzeitig zu demonstrieren, wie gut ich zuhören kann, handelte es sich um eine Flasche Portugiesischen Weißherbst.
Blumen brauchte er nicht mitzubringen,
es waren bereits welche vorhanden.

Ich erhoffte mir viel von dem Abend – vor allem Insiderinformationen über das SMS-Geschäft, aber auch saftige Anekdoten aus der hohen Politik. Es sollte jedoch alles ganz anders kommen. Sie öffnete die Tür.
„Oh, Andy! Glad you could make it!“ Küsschen links, Küsschen rechts. Sie hatte ein bodenlanges rotes Abendkleid an und ein dezentes Parfum aufgelegt – Moschus und Pfirsichblüte, mit einer Kopfnote von Walnuss und einem winzigen Hauch Zander.
„Du hast wine mitgebracht! Komm rein!“ Ihre Wohnung war hübsch eingerichtet – Reste aus WG-Beständen neben drei, vier Designerteilen. Alte Filmplakate und ein Schwarzweißfoto von Paris. Fotos, auf denen sie und ihre Freundinnen auf Kommando total gut gelaunt in die Kamera lachen. Ein Kunstdruck, auf dem groß und in Gold die Unterschrift des Malers noch mal abgedruckt ist, damit alle sofort sehen, ob das Bild im Flur von Monet oder von Manet ist. Ich sah nach: Es war von Braque.

Montag, 6. Februar 2012

Wenn die Nacht am tiefsten ist ...

Wenn Sie das nächste Mal die halbe Nacht grübelnd, sorgend und wälzend auf der Matratze liegen und alles ganz, ganz schlimm ist, alle doof, und keiner Sie lieb hat, denken Sie bitte an Folgendes: Es sind nur die Hormone.

Genauer gesagt: Melatonin. Dieses Schlafhormon hat die unpraktische Nebenwirkung, auf das Gemüt zu drücken. Machen Sie das Licht an, das stoppt die Melatoninproduktion und sorgt dafür, dass der Stimmungsaufheller und Wachmacher Seratonin produziert wird. Stehen Sie auf, schreiben Sie auf, was sie nervt, und dann gehen Sie wieder ins Bett.

Die Tante kann sich gar nicht genug über diese Nachricht freuen: Seit Jahrtausenden verzweifeln Menschen des nachts, beißen in ihr Kissen und haben aus lauter Verzweiflung Sex oder beten - und am nächsten Morgen sieht alles wieder besser aus. Und dank intensiver wissenschaftlicher Forschung weiß man endlich, warum, und wir können einfach sagen: "Ach, ist ja nur das Melatonin, alles halb so wild."

Das ist ein Trost, den keine Religion der Welt bereiten konnte.

Freitag, 3. Februar 2012

Gesichtsbuch

Das ist jetzt nichts Großes, aber einigermaßen aktuell. Der Tante ist nämlich eingefallen, warum so viele Leute so viel Zeit im Internet und auf Communityseiten verbringen. Und zwar:

Sie finden dort nicht, was sie suchen.

Klar, sie betreiben Kommunikation mit Bekannte und Freunden, die sie sonst nicht betrieben. Aber das macht alles nicht den Spaß, den es sollte, und darum betreiben sie noch mehr Kommunikation.

Das mag einerseits daran liegen, dass Facebook unglücklich macht, weil sie sich mit den anderen vergleichen, die natürlich nur die schönen Momente und Bilder mit der Welt und der Datenkrake teilen.

Andererseits aber auch, weil ihr Gehirn - Darwin sei Dank - immer noch im analogen Zeitalter steckt. Und in diesem ist Datenaustausch über das Internet, ohne körperliche Anwesenheit des andren vollkommen defizitär und unbefriedigend. Er ist so unbefriedigend, wie Pornografie im Vergleich zu richtigem Geschlechtsverkehr. Wie Fernsehen im Vergleich zu einer richtigen Unterhaltung. Wie mp3s (CDs, Schallplatten, Kassetten) im Vergleich zu Selbersingen.


Und so surfen und googeln sie (wir) sie sich durch das Netz in der Hoffnung, dass es jetzt gleich wirklich interessant und befriedigend wird. Wird es aber nie. Es ist wie bei den Chatrooms, die noch bis vor ein paar Jahren das Pendant waren: Hunderte sind angemeldet, aber keiner schreibt was. In richtigen Räumen passiert so was nicht.

Internetcommunities sind emotional betrachtet reine Zeitverschwendung.

(Gibt es auch nur ein einziges gescheites Lied über das Internet? Schon über Fernsehen fallen mir nicht mehr als drei ein. Könnte ja was bedeuten.)